Eingebildete Männlichkeit
Philipp Gufler
25. April – 11. Mai 2012
AkademieGalerie München
Zwischengeschoss U-Bahnhaltestelle Universität
Filmscreening: Freitag, 27. April 20:30 Uhr
Künstlergespräch mit Stephan Janitzky: Dienstag, 8. Mai 19 Uhr
Philipp Gufler ist ein Kunststudent der Münchner Kunstakademie, dessen Werk sich über verschiedenste Medien (Druckgrafiken, Performances, Videoarbeiten etc.) erstreckt. Das Thema der Identität, allen voran der Geschlechteridentität ist dabei ein immer wiederkehrendes Motiv in seinen Arbeiten, so auch in der aktuellen Ausstellung mit dem Titel „Eingebildete Männlichkeit“. Der Ausstellungstitel verweist dabei bereits schon auf die essentiellen Fragen der Arbeit: Was ist Männlichkeit? Wer ist männlich? Was ist unmännlich? All diese Fragen referieren auf die Fragestellungen der Genderforschung gender (engl.) = Geschlecht, wie sie wohl am prominentesten von Judith Butler bearbeitet werden. In ihren bahnbrechenden Werken Gender Trouble. Feminism and the Subversion of Identity (1990) und Bodies That Matter (1993), definiert Butler das Geschlecht als gesellschaftliches Konstrukt, als Geschlechter-Rolle, die es zu spielen gilt und bricht somit mit dem gängigen Verständnis von „natürlicher“ Männlichkeit bzw. Weiblichkeit. Das ein „männlicher“ Mann beispielsweise Hosen trägt und keine Röcke hat nichts mit der Natur des Menschen zu tun, sondern mit gesellschaftlichen Traditionen und Regeln, welche sich über viele Jahrzehnte hin entwickelt haben.
Philipp Gufler setzt sich in seiner Videoinstallation nunmehr eben mit verschiedenen Bildern und Ideen von Männlichkeit auseinander, welche die westliche Kunstgeschichte über Jahrhunderte hervorgebracht hat: sich übergebende wohlbestückte Griechen, der eitle Narzissus bis hin zu Andy Warhols Pistolenzückendem Elvis Presley. Die Bilder sind dabei auf transparente Stoffe gedruckt, hinter denen der Künstler mit männlichen und weiblichen Posen kokettiert: rauchen, schminken, Krawattebinden etc. Das Gemälde von Jean-Léon Gérôme „Pygmalion und Galathea“ stellt dabei den ironischen Höhepunkt bezüglich der Geschlechterdebatte da: Die antike Legende vom begnadeten Bildhauer Pygmalion, der sich ganz im Sinne des Male Gaze (des männlichen Blickes) seine perfekte Frau aus Stein meißelt; ein Sinnbild für die absolut künstlich kreierte Weiblichkeit bzw. Geschlechtlichkeit, wie sie auch durch den Transvestiten verkörpert wird. Das Präfix trans- ist hierbei auch symptomatisch für die Inszenierung, die Philipp Gufler in seinem Film gewählt hat: die Projektionen und der Künstler scheinen sich beständig zu durchdringen und zu überlagern. Dieser inszenatorische Ansatz verdeutlicht die Fluidität gesellschaftlicher Konventionen wie auch des Begriffs der Männlichkeit an sich.
Alle im Film zitierten Arbeiten sind als blanke Flächen im Originalmaßstab an den Wänden des Ausstellungsraums erkennbar. Dies ist eine wiederholte Anspielung auf das Motiv der Projektionsfläche, wie sie wohl am eindringlichsten am Ende des Films präsentiert wird, wenn dem nackten Künstlerkörper das Gesicht Elvis Presleys aufgedruckt wird; der männliche Körper als Projektionsfläche für Vorstellungen von Geschlechtlichkeit. Der Künstler platziert die Darstellung des Mannes zwischen zwei gesellschaftlich konstruierte Pole: Hypermaskulinität und Weiblichkeit. Diese beiden Pole bilden ein Spannungsfeld, welches das gesellschaftliche Verständnis von Männlichkeit nach wie vor bestimmt. Geschlechtlichkeit (also Männlichkeit wie auch Weiblichkeit) muss sich trotz ihrer angeblichen „Natürlichkeit“ immer wieder behaupten und demaskiert sich gerade dadurch als zu spielende Rolle und nicht als angeborene “biologische” Eigenschaft. Die von Philipp Gufler zusammengetragene Collage vergangener und gegenwärtiger männlicher Idealbilder bzw. deren Transgressionen visualisiert den Zersetzungsprozess vermeintlich unumstößlicher Geschlechteridentitäten. Doch jenseits der Geschlechterdebatte handelt die Arbeit vielmehr auch von Identitätsfindung bzw. Identitätsstiftung.
Nicholas Maniu